Wie Schlaganfall-Patienten von der Therapeuten-Ausbildung profitieren können

Für Schlaganfallpatienten ist die physiotherapeutische Behandlung für ihre Rehabilitation enorm wichtig. Doch die Krankenkasse zahlt in der Regel nur die Grundversorgung. Eine kostengünstige Möglichkeit der Intensivtherapie ist es, sich als Patient für Fortbildungskurse zur Verfügung zu stellen. Das „Das Perzeptionshaus“ bietet Patienten die Möglichkeit, vier Tage am Stück intensive Therapie nach dem Bobath-Konzept zu erhalten.

Hainburg.(ko) „Was zeichnet Sie als besonderen Menschen aus?“ 23 wissbegierige Augenpaare sind auf Markus Hetzner gerichtet. Ein bisschen merkwürdig findet er die Frage schon. Schließlich ist er hier, weil er einen Schlaganfall hatte und seine körperlichen Probleme behandelt werden sollen. „Was hat meine Persönlichkeit damit zu tun?“, fragt er sich. Doch die aufmerksamen Studenten scheinen eine Antwort von ihm zu erwarten. „Also gut“, denkt Hetzner und legt los. Zwei Stunden später versteht er den Sinn der Frage. „Um eine Therapie erfolgreich zu gestalten, muss der Therapeut ja wissen, ob ich eher motiviert und ehrgeizig bin oder eher hoffnungslos und deprimiert“, erzählt er. Wenn jemand im Rollstuhl sitze, sei es zum Beispiel schwierig, aufzustehen und dann noch zu laufen. Wenn jemand aber keine große Hoffnung mehr habe, dauere dieser Prozess vermutlich wesentlich länger.

20 Jahre Fortbildungen in Sachen Schlaganfall

Markus Hetzner ist einer von vielen Schlaganfallpatienten, die an einer der Fortbildungsveranstaltung im Rehabilitationszentrum Perzeptionshaus in Hainburg als Beispielpatient vorgestellt und therapiert werden. Der Schlaganfallexperte Helmut Gruhn bildet seit hier 20 Jahren Physio- und Ergotherapeuten in der Behandlung von Schlaganfallpatienten nach dem Bobath Konzept aus. „In den 20 Jahren haben wir mehr als 1.000 Therapeuten in der Bobath-Therapie ausgebildet“, erzählt er. Das Bobath- Konzept sei die weltweit erfolgreichste eingesetzte Therapie bei Schlaganfall.

Etwa 200.000 Menschen erleiden jährlich nach Schätzung der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe in Deutschland einen Schlaganfall. Die Altersgruppe ab 60 Jahren erleidet davon fast 80 Prozent aller Schlaganfälle. Doch auch junge Erwachsene und Kinder können vom Schlag getroffen werden. Ein Jahr nach dem Schlaganfall bleiben rund 64 Prozent der überlebenden Patienten pflegebedürftig – davon müssen ca. 15 Prozent in einer Pflegeeinrichtung versorgt werden.

Nach wie vor bestehen allerdings deutschlandweit gravierende Versorgungsengpässe bei der ambulanten Versorgung von Schlaganfallpatienten, weiß Helmut Gruhn. Durch seine Arbeit als Supervisor auf der Stroke Unit und neurologischen Station des städtischen Klinikums Hanau kennt er die Schwierigkeiten, die Patienten und ihre Angehörigen haben, um eine gute ambulante Versorgung zu erhalten. Denn die Krankenkassen zahlen zum Beispiel nur eine Grundversorgung mit Heilmitteln. Das bedeutet maximal zweimal die Woche eine halbe Stunde Physiotherapie. Viel zu wenig, um den Weg zurück in ein selbständiges Leben zu ermöglichen. Deswegen hat der Schlaganfallexperte vor zehn Jahren das Therapie Konzept „Back to life“ entwickelt – ein Intensivkonzept zur integrativen Therapie von Schlaganfallpatienten nach der klinischen Rehabilitation, das auf dem Bobath-Konzept beruht. „Die Therapiezeiten sind länger und erfolgen in kürzeren Abständen als in der „normalen“ Physiotherapie“, so Gruhn. Ziel von “Back to life” sei es, die Voraussetzung für einen selbständigen Alltag der Patienten zu schaffen und ihnen damit ein zufriedenes und eigenverantwortliches Leben zu ermöglichen.

Für eine bessere Versorgung im Rhein-Main-Gebiet

Um die Engpässe im Rhein-Main-Gebiet zu reduzieren, bildet er in seinem Fortbildungszentrum Physio- und Ergotherapeuten in der Bobath- Therapie aus, die von den Krankenkassen zur Abrechnung zugelassen ist. 60 Prozent der Therapeuten kommen aus dem Rhein- Main Gebiet, so dass immer mehr Patienten die Möglichkeit bekommen, sich vor Ort von einem Schlaganfall Experten behandeln zu lassen.

Wer in den Genuss einer besonders intensiven Therapie kommen möchte, der kann sich als „Fallbeispiel“ für eine der Fortbildungen im Perzeptionshaus zur Verfügung stellen. An vier aufeinander folgenden Tagen wird jeweils eineinhalb Stunden im Rahmen der Fortbildung genau befundet und behandelt. „So lernen die Therapeuten am praktischen Beispiel und der Patient kommt in den Genuss einer Intensivtherapie“, so Gruhn.

Für Markus Hetzner war seine Teilnahme an der Fortbildung eine tolle Erfahrung: „Ich war erstaunt, dass ich in eine Runde von wissbegierigen und motivierten jungen Leuten blickte und bin sehr zufrieden mit dem, was man mit mir gemacht. Ich bin sicher, dass am Ende meiner Therapie die Einschränkungen, die ich noch habe, verschwunden sind.“

Service: Interessierte Patienten oder deren Angehörige können sich im Perzeptionshaus unter der Telefonnummer 06182 – 4749 oder im Internet unter www.perzeptionshaus.de für die Teilnahme an einer Fortbildung bewerben.