Tanzend in eine neue Lebensphase

Tanzend in eine neue LebensphaseAm Samstagvormittag am 2. Juni hat der Bobathspezialist -Instructor Helmut Gruhn zur Tanzveranstaltung für Schlaganfall-Betroffene und Angehörige ins Zentrum für neurophysiologische Therapie Perzeptionshaus nach Hainstadt bei Hanau eingeladen.

Jeder ist mit unterschiedlichsten Gefühlen angereist: Kann man mit einer Behinderung überhaupt tanzen? Welches Bild gibt man mit einer Halbseitenlähmung in der Öffentlichkeit ab?

Jeder hatte jedoch im Innersten die Hoffnung, dass es irgendwie schon gehen wird. Die Tanzerfahrungen lagen je nach Ereigniszeitpunkt bei manchen Teilnehmern schon einige Jahre zurück. Kurz nach der Begrüßung ging es dann in den großen, lichtdurchfluteten Therapieraum und schon machten wir erste einfache, rhythmische Körperbewegungen. Hierbei hatte jeder schon sein erstes Erfolgserlebnis- das Rhythmusgefühl existierte noch. Wahrscheinlich geht es durch einen Schlaganfall nicht verloren.

Zu entsprechender Musik wurden dann als Nächstes einfache Schritte geübt (Zwei vor, eins zurück und dann seitwärts) und das Ganze immer schön rhythmisch. Der fröhliche Ausdruck des hochmotivierten Tanzlehrers war ansteckend. Schon sehr bald wich die Anspannung und die Konzentration in den Gesichtern (die typische Mimik eines Schlaganfallpatienten) und man sah immer häufiger ein Lächeln.

Tanzend in eine neue LebensphaseDie ersten Schritte eines Langsamen Walzers gelangen. Nun war das Eis gebrochen. Jeder wirkte lockerer und entspannter. Für Außenstehende wäre es nicht offensichtlich gewesen, dass auf der Tanzfläche fast 50 % Menschen mit einer Halbseitenlähmung waren. Als nächste Steigerung gab es einen Twist. Auch das funktionierte.

Zwischendurch gab es kleine Erholungspausen, die jeder benötigte. Im Nu waren drei Stunden vorüber und man spürte die körperliche Anstrengung. Insofern konnte jeder nachvollziehen, dass Tanzen Sport ist und sogar recht gut für Schlaganfallpatienten geeignet ist.

Neben dem Hessischen Fernsehen, das das besondere Ereignis filmte, war ein Reporter der Regionalpresse anwesend. Am Ende bekam jeder Teilnehmer eine Urkunde überreicht. In der Abschlussbesprechung wurden Äußerungen gemacht wie: „Es tat der Seele gut, man war in Harmonie mit sich, es hat gut getan, man sollte eine Selbsthilfegruppe Tanzen gründen, etc.“

Das Angebot von Herrn Gruhn, einen ähnlichen Kurs am 25. August durchzuführen, wurde von allen begeistert aufgenommen. Abschließend möchte ich zu dieser Art von Therapie folgendes bemerken: Es ist eine Therapieform, die mit viel Spaß verbunden ist, sie hilft dem Körper sich von der Schwere zu befreien, steigert das Selbstbewusstsein, vermittelt schöne Gefühle, sie aktiviert alle Sinne und steigert das Gemeinschaftsgefühl und die körperliche Fitness. Der Tanz war nur ein Weg und nicht das Ziel, mehr Körpergefühl zu entwickeln.

Erfahrungsbericht von Dr. Rolf Dingler, 76228 Karlsruhe